
HISTORIE
Trier - Weimar: eine deutsche Partnerschaft
Es war am Sonntag, 7. Dezember 1986 im
Trierer Rathaus. Auf der Pressekonferenz anlässlich des Besuchs der
ersten Delegation aus Weimar stellte ein Journalist dem
stellvertretenden Weimarer Oberbürgermeister Karl-Heinz Dennhardt
die Frage, ob es für ihn vorstellbar sei, „dass Historiker einmal
sagen können, diese Städtepartnerschaften waren so etwas wie die
ersten Schritte zu einer Wiedervereinigung?“
Dennhardt, nach seiner Rückkehr nach Weimar ob seines Plädoyers für
vermehrte Bürgerkontakte zwischen den von einer Mauer, Todesstreifen
und Stacheldraht getrennten Städten gemaßregelt, antwortete: „So
würde ich das nicht formulieren. Es wäre leicht übertrieben, wenn
wir das so formulieren. Und heute über eine Frage der
Wiedervereinigung im Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft zu
diskutieren, wäre völliger Unsinn.“ Dies war 1986. Vier Jahre später
waren die beiden deutschen Staaten wiedervereinigt. Niemand hätte zu
Beginn der sich anbahnenden ersten Städtepartnerschaften zwischen
den beiden Deutschland eine solche Entwicklung vorauszusagen gewagt.
Es ist heute unbestritten, dass die kommunalen Brückenschläge
zwischen Städten in Deutschland-West und Deutschland-Ost die
Vereinigung des willkürlich getrennten Landes gefördert haben.
Versuchten die Machthaber der früheren DDR, die
Begegnungsmöglichkeiten der Menschen untereinander so restriktiv wie
irgend möglich zu halten, so erwies sich schließlich jeder einzelne
Kontakt als die überzeugendere und stärkere Waffe. Die Menschen
wollten zusammenkommen, weil sie zusammengehören.
Auch im Rahmen der Städtepartnerschaft
zwischen Trier und Weimar wurde ein entscheidendes Stück
deutsch-deutscher Geschichte miterlebt und im kommunalen Bereich
mitgestaltet. Vor allem nach der Vereinigung zeigte sich sehr
schnell, dass „ohne Städte und Staat zu machen“ war und ist. Mit dem
Fall der Mauer konnten die vielfältigen Kontakte und Hilfen
ungehindert aufgebaut und wirksam werden.
GEDANKEN DR. GERMER
Dr. Volkhardt Germer, Oberbürgermeister a.D.
Im Jahre 2007 konnten wir auf 20 Jahre Städtepartnerschaft zwischen
Trier und Weimar zurückblicken. Eine lange Zeit voller Ereignisse
und berührender, herzlicher Begegnungen zwischen den Menschen.
Geboren noch in der Zeit des Kalten Krieges ist diese
Städteverbindung in einem schmerzvollen Prozess entstanden. Es ist
der Geduld und dem Weitblick der damaligen westdeutschen Partner zu
danken, dass der mehrfach angedrohte und teilweise auch praktische
Abbruch der Beziehungen nicht das Ende eines hoffnungsvollen
Dialoges wurde.
Auf der Seite der DDR waren solche Partnerschaften unter die Führung
der SED-Kreisleitungen gestellt worden. Die Städte selbst hatten bei
der Programmgestaltung, den handelnden Personen und den
anzusprechenden Themen wenig eigenen Spielraum.
Umso befreiender wirkten die Tage deshalb um den 9. November 1989.
Was für eine Begeisterung, als bereits am ersten Wochenende mit
offenen Grenzen weit über 1000 Weimarer in ihre Partnerstadt fuhren.
Viele damals entstandene Freundschaften bestehen noch heute. Es
entstanden Beziehungen zwischen Schulen, Vereinen, Chören, Kirchen
und Institutionen, die heute auf einem festen Fundament stehen. Sehr
gute Bindungen gab und gibt es über die Rathäuser von Weimar und
Trier, aus denen immer wieder Impulse für Projekte und Unterstützung
für Veranstaltungen kamen.
Ein besonderer Dank gebührt den beiden Freundschaftsgesellschaften,
die mit ihren Mitgliedern eine Vielzahl von Aktivitäten initiiert
und begleitet bzw. durchgeführt haben. Diese in Trier und Weimar
agierenden Vereine sind mittlerweile das Herzstück der
Städtepartnerschaft geworden. Jedem, dem diese Städteverbindung
etwas bedeutet, kann sich über eine Mitgliedschaft mit eigenen
Vorstellungen einbringen.
In Zeiten der Globalisierung ist über den Weg solcher
Partnerschaften in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen
Fragen ein wesentlich besseres Verständnis untereinander zu
erreichen. Wir in Weimar sind über Trier, aber auch unsere anderen
Partnerstädte, mittlerweile in einem internationalen Netzwerk
eingebunden.
Städtepartnerschaften haben unzweifelhaft einen wichtigen Beitrag
geleistet wenn es galt, Brücken zu bauen und Schranken zu
beseitigen. Deshalb ist es auch ein Anliegen der
Freundschaftsgesellschaft Weimar – Trier, diese Verbindung zu
pflegen und auszubauen.
Weimar, 2008
gez. Dr. Volkhardt Germer
Oberbürgermeister von Weimar: 23.11.1989 - 30.06.1990, sowie
01.07.1994 - 30.06.2006
GEDANKEN HELMUT SCHRÖER
Weimar - Trier
Eine Städtepartnerschaft mit Geschichte und Zukunft
Eine Städtepartnerschaft mit Geschichte und Zukunft
Wer hätte das gedacht? Im Jahre 2007 feierten die beiden Städte
Weimar und Trier das 20jährige Bestehen ihrer Städtepartnerstadt.
Aus einer zarten Pflanze, einer Vision ist ein kräftiger Baum,
Wirklichkeit geworden.
Ich erinnere mich noch sehr gut
an den 5.Dezember 1986. Wir Trierer standen an diesem düsteren
Dezembertag auf dem Trierer Hauptbahnhof und warteten auf die
angekündigte Delegation aus Weimar. In den zurückliegenden Monaten
hatte der Trierer Stadtrat beschlossen, mit der Stadt Weimar in der
damaligen DDR eine Städtepartnerschaft zu begründen. Intensive
Vorgespräche waren diesem Beschluss vorausgegangen und letztlich
erhielt auch die Stadt Weimar aus dem damaligen Ostberlin ein
positives Signal. Die Verhandlungen konnten beginnen.
Ich erinnere mich noch sehr gut
an die erste Verhandlung im Restaurant Weishaus, oberhalb von Trier.
Ergebnis war eine Erklärung, die zu unserer Überraschung sehr die
freundschaftliche Begegnung der Bürger in den Mittelpunkt stellte.
Dieser Gedanke wurde bekräftigt durch eine Erklärung des Weimarer
Delegationsleiters vor der Presse. Das ZDF verbreitete diese
Erklärung über alle Grenzen hinweg
Wie sehr waren wir, die Trierer Delegation überrascht, als wir vom
22. bis 24. Mai 1987 auf der Basis der erarbeiteten
Dezembererklärung unsere Gespräche in Weimar fortsetzen wollten. Es
wurde uns ein neuer Entwurf vorgelegt. Wir mussten feststellen, dass
wir über die Städtepartnerschaft Außenpolitik gestalten sollten. Das
war nun aber gerade nicht unser Ziel. Unser Ziel war es,
bürgerschaftliche Begegnungen im Rahmen einer Städtepartnerschaft zu
ermöglichen,zu erleichtern.
Ich erinnere mich,
dass die Verhandlungen am 23.Mai 1987 kurz vor dem Abbruch standen.
Eine letzte Verhandlung nach einem Besuch von Schloss Großkochberg
ergab die Wende. Formulierungen, die wir nicht akzeptieren konnten,
wurden gestrichen, ein tragbarer Kompromiss erzielt, der in einer
Pressekonferenz am 24. Mai 1987 in der Falkengalerie vorgestellt
wurde.
Ich erinnere mich,
dass die feierliche Begründung der Städtepartnerschaft und die
Unterzeichnung der Urkunden am 6.September 1987 im
Stadttheater Trier und am 18.September 1987 im Nationaltheater
Weimar stattfanden. Angefügt war dem Vertragswerk ein Jahresplan für
das Jahr 1988, in dem die vorgesehenen Begegnungen genau
festgehalten waren. Dieser Jahresplan sollte jedes Jahr
fortgeschrieben werden. Die Anmeldungen für diesen Plan waren in
Trier beachtlich, und aufgrund meiner privaten Kontakte in Weimar
wusste ich, dass es auch in Weimar ein großes Bedürfnis gab, über
die Städtepartnerschaft Kontakt zu Trierer Bürgern herstellen zu
können.
Ich erinnere mich,
dass am 11.September 1989, einem Montagmorgen, mich mitten in einer
Sitzung des Trierer Stadtvorstandes ein Anruf des damaligen
Oberbürgermeisters Prof. Dr. Baumgärtel erreichte. Es war eine
politisch sehr bewegte Zeit. In den Medien wurde damals sehr
ausführlich über die Situation in den Botschaften der Bundesrepublik
in Ungarn und der Tschechoslowakei berichtet. Diese „Verleumdungen“,
so Baumgärtel, widersprächen dem Geist der Vereinbarungen, und er
sagte wenige Wochen vor dem Mauerfall die noch geplanten
Veranstaltungen des Jahres 1989 ab.
Ich erinnere mich
an die stürmische Zeit der Wende, der Wiedervereinigung. Die
Städtepartnerschaft zwischen Weimar und Trier stand vor einer
Bewährungsprobe. Diese Herausforderung haben die beiden Städte, die
Bürgerinnen und Bürger der beiden Städte glänzend bestanden. Die
Vision der „bürgerschaftlichen Begegnung“ wurde Wirklichkeit. Und
über die zahlreichen privaten Kontakte wurde zwischen den Städten
ein festes Band der Freundschaft geknüpft.
Es ist nicht möglich, alle Initiativen, alle Begegnungen
aufzuzeigen. Tatsache ist aber, dass fast alle gesellschaftlichen
Bereiche in Trier und Weimar sich aufgerufen fühlten, Beiträge zu
leisten, Kontakte zu knüpfen. Beispielhaft kann die vom Trierer
Rathaus eingeleitete Aktion „Willkommen Weimar“ genannt werden. Es
wurde eine Einladung an die Bürgerinnen und Bürger der thüringischen
Stadt Weimar ausgesprochen mit dem Versprechen , sie an der damals
noch vorhandenen Grenze
in Herleshausen in Trierer Busse aufzunehmen und nach Trier zu
bringen und dort an einem Wochenende unterzubringen. Die Nachfrage
in Weimar war riesig, aber es gelang fast 1.500 Weimarer Bürgerinnen
und Bürger an zwei Wochenenden in Trier begrüßen zu können. Die
Bereitschaft der Trierer, an diesen Wochenenden Gastgeber zu sein,
war überwältigend. Damals sind viele private Kontakte begründet
worden, die noch bis heute bestehen. Das Wort „Ohne Städte ist kein
Staat zu machen“ wurde in diesen Wochen nachhaltig bewiesen.
Ich erinnere mich,
dass es nach der Wiedervereinigung in Deutschland eine Diskussion
gab, ob es noch Sinn mache, in einem wiedervereinigten Deutschland
eine deutsch-deutsche Städtepartnerschaft am Leben zu erhalten. In
Trier und Weimar ein Diskussion, die man sehr schnell beendete. Die
Bürgerinnen und Bürger beider Städte hatten die Antwort schon längst
gegeben. Die Städtepartnerschaft war bei Ihnen lebendig, sie war ein
Teil der Geschichte ihrer Städte. Kann man sich aus der Geschichte
verabschieden? Inzwischen gab es auch schon Bemühungen, den
zahlreichen Kontakten einen Rahmen zu geben. Es wurden
Partnerschaftsgesellschaften in den beiden Städten gegründet.
Ich erfahre im Moment immer wieder,
dass die „Trier-Gesellschaft Weimar“ und die „Weimar-Gesellschaft“
in Trier den Gedanken der Städtepartnerschaft in den beiden Städten
pflegen. Und dies sehr erfolgreich. Ich stelle erfreut fest, dass
über 20 Jahre ein kräftiges Band der Partnerschaft entwickelt wurde.
Getragen von vielen Menschen. Den beiden Gesellschaften sage Dank
für das herausragende Engagement.
Wer hätte das im Jahre 1987 gedacht? Zwischen den beiden Städten ist
vieles schon gewachsen, was in der Bundesrepublik vorbildlich ist.
Vor allem hat sich über die Städtefreundschaft das Verständnis
füreinander entwickelt. Eine wichtige Basis für eine weitere gute
Entwicklung in unserem Vaterland.
Trier,
2008 gez.
Helmut Schröer